Erstmalig von Dragon auf dem Markt und als deutsche Version folgend von Revell – das Mittlere Artillerie Raketen System (MLRS / MARS). Ist die deutsche Version nur noch schwer verfügbar, hat sich nun Trumpeter diesem Fahrzeug in der deutschen Variante angenommen. Der Truppengattung Artillerie verbunden für mich also super interessant. Da liegt er nun der Bausatz, schauen wir also mal ob er ein würdiger Nachfolger ist.
Inhaltsverzeichnis
Das Original
Im Jahre 1970 wurde das Projekt eines mittleren Mehrfachraketenwerfers vom United States Army Missile Command initiiert, um eine Flächenfeuerwaffe mit hoher Feuerkraft gegen weiche und halbharte Ziele zu schaffen. 1978 wurden auch die europäischen NATO-Mitglieder Deutschland, Frankreich, Italien und Großbritannien in die Entwicklung und Produktion als NATO-Standardwaffe mit einbezogen. Ab da führte das Projekt die Bezeichnung MLRS (Multiple Launch Rocket System) oder zu Deutsch MARS (Mittlerers Artillerie-Raketen System). Bei der US Army erfolgte die Einführung 1983, 1989 folgten die Europäer. Insgesamt fertigte die eigens gegründete MLRS-Europäische Produktionsgesellschaft (MLRS-EPG) 234 Werferfahrzeuge.
Ausgestattet ist der MARS mit einem flüssigkeitsgekühlten 8-Zylinder-Viertakt-Dieselmotor mit Direkteinspritzung, welcher 373 kW oder 500 PS entwickelt. Abhängig von der Munitionssorte sind die Raketen vom Kaliber 227 oder 237 mm. Sie können als Serie, Teilserie oder einzeln verschossen werden. Innerhalb von 55 Sekunden kann eine Serie, insgesamt 12 Raketen, bis zu einer Tiefe von 14 – 38 km abgefeuert werden. Der ca. 25t wiegende Werfer hat eine Besatzung von 3 Soldaten.
Ursprünglich konzipiert und optimiert auf die Bekämpfung großer Flächenziele unter den Bedingungen des Kalten Krieges, wurde das System an die deutlich geänderten Anforderungen der aktuellen und auch zukünftigen Bedrohungsszenarien in den Folgejahren angepasst und verbessert. Das MLRS wurde in Deutschland ab 1990 unter der Bezeichnung MARS – Mittleres Artillerieraketensystem genutzt und ist damit bereits seit über 25 Jahren im Dienst der Artillerietruppe.
Das MARS war für die Konfliktszenarien im Rahmen der vernetzten Operationsführung ein wirksamer Partner für den allgemeinen, wie auch für den operativen Feuerkampf. Mit MARS können zielabhängig unterschiedliche Munitionstypen über Distanzen von 10 bis 40 km verschossen werden. Die Entwicklung und Beschaffung der GMLRS-Raketen (Guided Multiple-Launch Rocket System) erforderte eine Kampfwertsteigerung der MARS Werfer, welche nun unter dem Namen MARS II geführt werden. Dieses Zusammenspiel MARS II und GMLRS ermöglicht die hochpräzise Bekämpfung von Punkt- und Einzelzielen.
In Kooperation mit verschiedenen europäischen Herstellern führt KMW die Kampfwertsteigerung und Modernisierung inzwischen für mehrere Nationen durch. Dabei umfasst die Kampfwertsteigerung die Integration des europäischen Feuerleitsystems, Ersatz der hydraulischen Richtantriebe durch ein elektrisches Richtsystem sowie der Einbau einer neuen vollautomatischen und ozonfreien Feuerlöschanlage für den Motorraum. Das MARS II bildet zusammen mit der gelenkten Artillerierakete GMLRS UNITARY ein System, um mit der erforderlichen Präzision und einer überragenden Reichweite von > 70 km unter nahezu allen Bedingungen die Aufgaben mit der gewünschten Wirkung zu erfüllen.
Der Bausatz in der Übersicht
Der Bausatz von Trumpeter mit der Artikelnummer 01046 kommt in einem recht großen, stabilen Stülpkarton daher. Darin sind die über 800 Bauteile auf 24 Spritzlingen in Folie verschweißt. Dazu kommen noch die Unterwanne, die Kabine und die Einzelgliederkette sowie Fotoätzteile, Decals , Bauanleitung und farbige Bemalanleitung. Alles in allem ist der große Karton gut gefüllt und der Bausatz verspricht schon nach dem Öffnen ausreichend Bastelspaß.
Die Bauanleitung
Mit 35 Bauschritten in Form von 3D-Zeichnungen und in schwarz weiß kommt die Bauanleitung Trumpeter typisch daher. Dennoch sind alle Zeichnungen klar verständlich und in ausreichender Größe dargestellt. Manchmal lohnt schon mal der nähere Blick, damit man keine Teile vergisst.
Für die Bemalung liefert Trumpeter einen farbigen DIN A4-Bogen mit, der zwei Bemal- und Markierungsvorschläge enthält. Aber das zeigte sich mir erst auf den zweiten Blick, da sich lediglich die Decals aufgrund der zweiten Variante geändert hatten. Beide Vorschläge sind im klassischen 3-Farb Tarnanstrich der Bundeswehr gehalten.
Beide Vorschläge sind natürlich im typischen Bundeswehr Dreifarb Tarnanstrich.
Decals
Die mitgelieferten Decals sind einwandfrei gedruckt. Vorhanden sind Decals für die Instrumente im Inneren der Kabine, Kennzeichen, Takt. Zeichen, Markierungen sowohl technisch als auch Batterie-spezifisch sowie Warnschilder. Auch die Beschriftungen für die mitgelieferten Rocketpods fehlen nicht. Mit den Decals darstellbar sind aber leider nur Fahrzeuge der 2./132 mit den unterschiedlichen Kennzeichen Y-827 340, Y-827 296 und Y-827 291. Wer andere Einheiten darstellen möchte, der ist auf den Zubehörhandel angewiesen.
Fotoätzteile
Im Bausatz enthalten ist eine Fotoätzteilplatine. Trumpeter liefert hier neben dem Abdeckgitter für Motorraum die vorderen Streben des Raketenwerfer-Aufbaus als Ätzteile. Weiterhin die Gitter für die Lüfter und einige wenige Details mehr. Die Ätzung ist ok und lässt keine Fehler erkennen. Insgesamt etwas mager, aber durchaus sinnvoll und ausreichend.
Die Bauteile
Die insgesamt über 800 Bauteile des MARS verteilen sich auf 16 graue, 3 schwarze, 4 braune und einen klaren Spritzling. Dazu kommen die Fahrerkabine, die Motorabdeckung, Werferaufbau und die Bodenplatte des Innenraums. Weiterhin liefert Trumpeter noch einen Beutel mit den Einzelgliederketten sowie zwei Metallstangen mit. Nicht gerade wenig! Schauen wir uns die Bauteile also mal näher an.
Unterwanne und Fahrwerk
Die Unterwanne wird als komplettes, einteiliges Bauteil mitgeliefert. Wie bisher üblich sind daran die Schwingarme des Bradley-Fahrwerkes durch einkleben zu befestigen. Trumpeter hat hier bewusst auf ein beweglich darstellbares Fahrwerk verzichtet. Mit etwas modellbauerischem Geschick lässt es sich aber dennoch an ein Gelände anpassen. Das Heck- und die Front der Wanne sind stimmig und mit den nötigen Details wie Leitkreuz, Heißösen mit Schäkeln, Rückleuchten und Halterungen für das Abschleppseil versehen. Das Abschleppseil ist als Spritzgussteil ausgebildet und steht in einem Kupferseil in nichts nach. Die seitlichen Kettenschürzen werden in der angepassten deutschen, kurzen Variante stimmig mitgeliefert.
Die korrekt detaillierten Laufrollen sind mehrteilig ausgeführt. Hierbei muss der Modellbauer zwei Hälften zusammensetzen und anschließend die Gummierung als komplettes Teil aufstecken. Nun ja, begeistert bin ich hiervon nicht, aber es erleichtert die Lackierung doch erheblich. Leiträder und Triebräder sind ebenfalls gut detailliert und lassen keinen Grund zur Klage.
Wie bereits erwähnt hat sich Trumpeter bei dem MARS für eine Einzelgliederkette entschieden. Und ja, es sind die korrekten deutschen Diehl-Ketten. Für jede Seite werden 87 Kettenglieder benötigt, welche zuvor von lästigen Angüssen zu befreien sind. Die Kettenglieder an sich sind stimmig dimensioniert und detailliert, wobei die Endverbinder leider an den Kettengliedern fest vergossen sind. Dies führt gerade bei den Triebrädern zu einer nicht ganz korrekten, realistischen Darstellung. Auch hier kann der Modellbauer sich selber helfen, fraglich ist jedoch der Aufwand. Anschließend ist ein Kettenführungszahn zu befestigen. Eine Montagelehre ist leider auch nicht enthalten. Fummelarbeit pur!
Werferaufbau
Vorweg ist zu bemerken, dass der Werferaufbau mit wenigen Ausnahmen recht detailreich gestaltet ist. Der Modellbauer erhält hier immerhin auch die beweglichen Rocketpod-Aufnahmen sowie zwei herausnehmbare Rocket-Pods selbst. Aber nun ins Detail.
Fangen wir mit dem Werferuntergestell an. Dieses ist recht stimmig, bedenkt man mit Rippen durchzogenen Aufbau im Original. Schade aber nur, das hier etliche Auswerfermarken vorhanden sind. Beim Drehkranz wird es etwas einfacher, wenn auch gegenüber den vorherigen Modellen von Dragon und Revell hier die Details um Welten besser sind. Die Richtanlage ist merklich besser detailliert, wenn auch hier noch markante Leitungen und Kabel fehlen. Betrachten wir es als Herausforderung für den Modellbauer.
Die Höhenrichtzylinder können beweglich dargestellt werden. Dazu werden die beiden mitgelieferten Metallstangen als Zylinderstangen in den Zylinder aus Plastik verbaut. Nicht schlecht – wirkt dies doch besser als lackierte Plastikteile.
Die beiden mitgelieferten Rocketpods werden aus mehreren Bauteilen zusammengesetzt. Hier wurde zu meinem Leidwesen nur die Variante der Pods zum Verschuß der 110mm Raketen – ehemals LARS – verwirklicht. Die Röhren der Startbehälter sind zweiteilig ausgeführt und werden verschlossen. Eine offen Darstellung muss der Modellbauer – sofern er denn zur Darstellung von leeren Pods neigt – selbst herstellen. Die Hebeeinrichtung für das Laden der Rocketpods ist beweglich darstellbar. Profile selbst und auch der Elektromotor sind gut dargestellt. Beim Bau ist Trockenpassen für die korrekte Beweglichkeit angesagt.
Schaut man auf das Dach des Werferaufbaus, so macht sich der pure Schrecken breit. Wo sind die markanten Antirutschbeläge? Ja, leider bittere Realität: Trumpeter hat sie vergessen! Trumpeter verweist hier auf den Zubehörhandel, was ich bei neuen Formen schon sehr bedauerlich finde. Abhilfe muss hier der Modellbauer selbst verschaffen. Eine Alternative wären die HIER vorgestellten Antislip / Antirutschbeläge – Decals der Modelscale Brigade Bruchsal. Übrigens die GPS-Antenne fehlt auch. Unglaublich.
Kabine und Motorraum
Die Kabine des MARS ist aus einem Stück gefertigt. Insgesamt ist diese gelungen und zeigt schöne Details. Dazu zählen die Verzurrösen und auch Schrauben und Halterungen. Und ganz wichtig: Der Abstand zwischen den Ausbuchtungen der Scheinwerfer ist nun im Gegensatz zu den Bausätzen von Dragon und Revell korrekt. Leider gibt es auch hier ein großes Aber: Trumpeter hat auch hier die Antirutschbeläge auf dem Dach vergessen. Nochmals unglaublich!
Die Türen der Kabine sind separate Bauteile, was eine offene Darstellung ermöglicht. Die Scheiben liegen als Klarsichteile bei und sind detailliert gestaltet. Die äußeren Schutzklappen für die Scheiben können laut Bauplan nur in geschlossener Form angebracht werden und auch die Lamellen selbst sind nicht beweglich. Auch hier sehr schade, ist doch eine offen Darstellung zu bevorzugen. Also mal wieder ist der Modellbauer selbst gefordert.
Im Innenraum der Kabine hat Trumpeter bei seinem Modell des MARS dazugelernt. Dieser ist deutlich detaillierter wie die Vorgängermodelle von Dragon und Revell. Hier punktet Trumpeter mit stimmigen Sitzen, Armaturen, Innenleuchten, Feuerleitrechner und Heizungsrohren. Die Funkausstattung an der Rückwand stimmt leider gar nicht. Dennoch lohnt sich hier die offene Darstellung der Kabine.
Der Motorraum hinter der Kabine kommt ebenfalls als einteiliges Bauteil. Auch hier hat Trumpeter nicht mit Details gegeizt. Ansaugstutzen, Auspuff (hier übrigens korrekt nach oben), Lüftergitter in Kombination mit Ätzteilen sind gelungen.
Referenzen
Wie immer hilft hier das Internet. Zu erwähnen hier die Seiten von Panzer-Modell.de oder von Ulrich Wede. Einen schönen Überblick erhält man auch von Hans Hermann Bühling bei Amorama. Literatur findet man bei Tankograd Publishing in Form der Militärfahrzeug Spezial Nr. 5030 „Raketenartillerie der Bundeswehr LARS 2 – MARS“. Kommerziell bietet sich auch die Walk-Around CD von
Dio-Factory an.
Zusammenfassung
Trumpeter hat mit dem MARS hier einen mächtigen Bausatz mit über 800 Bauteilen zusammengestellt. Der deutschen Variante werden sowohl die Einzelgliederkette als auch Werferaufbau und Kabinendetails gerecht. Bauteile, Fotoätzteile und Decals lassen grundsätzlich keinen Grund zur Klage zu. Auffallend ist allerdings das Fehlen der markanten Antirutschbeschichtungen, was man bei neuen Formen nicht erwartet hätte. Ebenfalls auffällig ist der recht hohe Preis.
Fazit
Trumpeter gelingt mit dem Bausatz des deutschen MARS eine würde Ablösung der bisherigen Bausätze von Dragon und Revell. Ich finde den Bausatz schön detailliert, stimmig und gelungen. Einzig die fehlenden Antirutschbeläge und der hohe Preis trüben den Eindruck. Dennoch für mich als bekennender Artillerist auf jeden Fall eine Empfehlung wert.
Produktinformation
Artikelbezeichnung : Mittleres Artillerie Raketen System (MARS)
Art. Nr. : 01046 |
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Bausatzhistorie