Bereits auf der Spielwarenmesse 2020 angekündigt und jetzt erhältlich – der Bausatz der M109G im Maßstab 1:35 von AFV Club. Als ehemaliger Artillerist freue ich mich sehr über den Bausatz der ersten deutsche M109-Variante in der Bundeswehr. Mal schauen ob der Bausatz hält, was er verspricht.
Inhaltsverzeichnis
Das Original
Die durch die Amerikaner im Koreakrieg entstandene Anforderung an eine leichte Panzerhaubitze führte maßgeblich zur Entwicklung der M109. 1959 entstand der erste Prototyp und 1962 begann die Serienfertigung. Die noch junge Bundeswehr beschaffte bereits ab 1964 die amerikanische Panzerhaubitze 155mm vom Typ M109. Diese löste verschiedene veraltete Panzerhaubitzen amerikanischer Bauart ab (M7B2, M44, M52). Die weitgehend aus Leichtmetall gefertigte und vom M113 abgeleitete Panzerhaubitze entsprach zu dieser Zeit weitgehend den amerikanischen Rüstständen M109 A1 und M109 A2.
In der Bundeswehr wurde die M109 dann an die deutschen Spezifikationen angepasst. Wesentliche Änderungen wurden an der Waffenanlage durch Einbau einer neuen Mündungsbremse mit längerem Rohr (L23) sowie eines Flachkeilverschlusses ausgeführt. Auch Ziel-, Richt- und Selbstschutzsystem wurden angepasst, was letztlich zur M109 G führte.
Mit ihrem drehstabgefederten Laufwerk und dem vorn rechts sitzenden Diesel-Motor hat die M109 G ein Gefechtsgewicht von ca. 24,4 Tonnen. Die 155mm Waffenanlage erlaubt den Verschuss von Spreng-, Leucht-, Brand- und Nebelgeschossen mit einer Maximalreichweite von 18 km. Als Sekundärbewaffnung kommt ein 7,62mm MG3 zum Einsatz. Die Besatzung besteht aus sechs Soldaten.
Die M109 G stellte bis Ende der neunziger Jahre die Standardwaffe der Panzerartillerieverbände des Heeres dar. Jedes Panzerartilleriebataillon verfügte über 18 Fahrzeuge.
Das Geschütz bewährte sich so gut, dass es nach mehreren Kampfwertsteigerungen sowie etlichen Modifikationen als M109 A3 G A2, erst nach mehreren Transformationsprozessen und durch die Panzerhaubitze 2000 in der Bundeswehr abgelöst wurde.
Noch heute ist die M109, von der über 5000 Stück produziert wurden in vielen Staaten, u.a. auch in den USA, im Einsatz.
Der Bausatz in der Übersicht
Der Bausatz mit der Artikelnummer AF35330 von AFV Club kommt in einem stabilen und fein gestalteten Stülpkarton daher. Nach dem Öffnen wird der Blick frei auf die in Folie verschweißten, insgesamt 17 (!) Spritzlinge aus olivgrünem sowie 2 aus klarem Kunststoff. Weiterhin enthält der Bausatz eine kleine Fotoätzteilplatine, ein Stück Schnur, einen Decalbogen sowie ein gedrehtes Rohr aus Aluminium inkl. Feder und Messinghülse. Dazu kommen das Bauteil des Turmes, Ketten aus Vinyl, Poly-Caps und die Bauanleitung sowie die von AFV Club bereits bekannte obligatorische Zeichnung. Bereits hier erwähnt und später näher ausgeführt ist die Vielfalt an bereits bekannten Spritzlingen. An Bauteilen wurde also nicht gespart.
Gebaut werden kann neben einer norwegischen Version die sehr frühe und späte Variante der deutschen M109G.
Die Bauanleitung
Im Brochürenstil und mit 28 Seiten kommt die Bauanleitung der M109G daher. Auf der ersten Seite findet man Details zur Panzerhaubitze und deren Entwicklung, gefolgt von den allgemeinen Hinweisen und der Farbübersicht mit Farben von Gunze, Humbrol, Vallejo und Lifecolor. Eine Übersicht mit Strichzeichnungen der unterschiedlichen Ausführungen der M109 befindet sich auf der nächsten Seite. Danach folgen die 43 Baustufen in übersichtlichen schwarz-weiß Zeichnungen. In manchen Baustufen wird zwischen der deutschen M109G in der Early und Late Version sowie der Norwegischen Variante unterschieden. Insgesamt sind die Baustufen gut nachvollziehbar. Es folgt die Übersicht über die Spritzlinge, welche im direkten Abgleich mit den Baustufen genutzt werden sollte. Danach folgen sieben Bemalvorschläge mit Hinweisen zum Anbringen der Decals für deutsche Versionen sowie eine norwegische Variante. Insgesamt recht mächtig die Anleitung.
Decals
Der enthaltene und im Siebdruck entstandene Decalbogen enthält Decals für die bereits erwähnten 7 deutschen sowie die norwegische Variante:
- PzArtBtl 115, 1980
- PzArtBtl 365, Bad Mergentheim, 1983 (welches aber eigentlich in Walldürn stationiert war)
- PzArtBtl 135, Wetzlar
- PzArtBtl 185, Kellinghusen, spät
- PzArtBtl 75, Hamburg-Fischbeck, 1966
- PzArtBtl 185, Kellinghusen, früh
- PzArtBtl 95, Munster
- Brigade Nord, Norwegian Army
Der Druck ist einwandfrei und die Farben kräftig.
Fotoätzteile und Schnur
Auf der kleinen Fotoätzteilplatine befinden sich einwandfrei von Voyager gefertigte Bauteile für den Wasser und Kraftstoffkanister.
Ein Stück Schnur für das Abschleppseil liegt ebenfalls bei. Hier wäre der Tipp, dieses gegen ein passendes Kupferseil zu ersetzen.
Die Bauteile
Wie bereits erwähnt ist der Karton prall mit Spritzlingen gefüllt. Bauteiltechnisch gibt es lediglich zwei neue Spritzlinge, die die Anpassungen für die deutsche Version enthalten. Der Rest des Bausatzes ist eine Sammlung von bereits vorhandenen Bausätzen von AFV Club, wobei die Basis ganz klar vom Bausatz AF35109 abstammt. Es ist also eine klassische Formvariante. Im Einzelnen sind von folgenden Bausätzen die Spritzlinge enthalten:
- AF35108 – M108 105mm/L30 Howitzer
- AF35109 – M109A2 HOWITZER
- AF35113 – M113A1 ACAV
- AF35246 – U.S. M2HB .50 CAL MACHINE GUN SET W/M3 TRIPOD & M63 ANTI-AIRCRAFT MOUNT
- AF35329 – M109 155mm L23 howitzer
- AF35S41 – M41 (G) Walker Bulldog
Das macht den Bau nicht unbedingt einfach, da hier die Angaben in der Bauanleitung mit der Spritzling-Übersicht unbedingt verglichen werden muss. Viele Teile sind von Ihrer Art gleich mehrfach vorhanden. Mein Tip: Kopie der Teileübersicht machen und neben die Bauanleitung legen. Das spart das lästige Blättern.
Schauen wir uns die einzelnen Spritzlinge mal näher an.
Spritzling A
Der Spritzling A, ursprünglich aus dem Bausatz AF35109, ist gleich zweimal vorhanden. Auf diesem befinden sich die Laufrollen sowie Drehstäbe zum Bau des Fahrwerkes. Die Laufrollen sind mehrteilig ausgebildet und zeigen einwandfreie Details. Auch das Vorgelege ist gelungen.
Die Drehstäbe mit den Schwingarmen können ebenso überzeugen. Im Slide-Mold-Verfahren gegossen zeigen sie feine Details.
Überzeugend auch die Leiträder, die ebenfalls mehrteilig aufgebaut, die korrekten Bohrungen auf der Lauffläche aufzeigen.
Vorteilhaft hier die mitgelieferten Polycaps für die Laufrollen, wodurch diese für das Lackieren abgenommen werden können.
Weiter geht es mit dem Spritzling B.
Spritzling B
Auch der Spritzling B stammt aus dem Bausatz AF35109 und ist zweimal vorhanden. Auf diesem sind Scheinwerfer, Heißösen sowie Schäkel und weitere Kleinteile enthalten. Auch hier überzeugt AFV Club mit feinen Details und einwandfreiem Guss.
Weiter geht’s.
Spritzling C (schwarzer Buchstabe)
Ebenfalls aus dem Bausatz AF35109 kommt dieser Spritzling daher. Darauf befinden sich eine Menge Bauteile, welche leider nicht gebraucht werden. Dazu gehören z.B. Erdsporne, balistische Haube, Motorabdeckung usw. Gebraucht werden allerdings hier die Scheinwerferabdeckungen und der Auspuff sowie einige Kleinteile für Ober- und Unterwanne. Aber der Guss und die Details überzeugen auch hier.
Nächster Spritzling.
Spritzling C (weißer Buchstabe)
Der zweite Spritzling mit dem Buchstaben C – diesmal in weiß – entstammt dem Bausatz AF35113, einem MTW. Hiervon wird die Kommandantenkuppel für die frühe und norwegische Variante und ansonsten lediglich der Lukendeckel sowie dessen Befestigungsteile gebraucht. Es bleiben also reichlich Bauteile übrig. Alle Bauteile auch hier einwandfrei in Form und Ausführung. Die Winkelspiegel werden als Klarsichtteile mitgeliefert.
Auf zum Spritzling D.
Spritzling D
Der Spritzling D ist erneut dem Bausatz AF35109 entnommen. Hauptsächlich enthält er Bauteile für die Waffenanlage. Dazu gehört Rohrwiege, Rohrbremsen und Verschluss. Auch hier überzeugende Detailtiefe und perfekter Guss.
Bei den Bauteilen für den Verschluss handelt es sich um die des ursprünglichen amerikanischen Rundverschluss.
Nun die traurige Nachricht: Ich suchte direkt nach dem korrekten deutschen Verschluss auf den anderen Spritzlingen. Leider ohne Erfolg. Das ist leider der größte Fauxpas bei diesem ansonsten gut recherchierten Bausatz! Also weiter mit den Spritzlingen.
Spritzling F
Wie soll es anders sein, auch dieser entstammt dem Bausatz AF35109. Hier finden sich die Teile für den Bau der Unterwanne. Aber Achtung: Seitenwände und Kühlerabdeckung werden hier nicht gebraucht. Motordeck und die nicht benötige Kühlerabdeckung überzeugen in ihren Details. Gleiches gilt für den Unterboden und die Seiten. Die Motorabdeckung kann beweglich gestaltet werden.
Spritzling Q
Ein prall gefüllter Spritzling aus dem Bausatz AF35109, von dem auch nur wenige Kleinteile wie Werkzeug und Halterungen benötigt werden. Dennoch sind die Bauteile überzeugend.
Nächster…
Spritzling AB
Einmal vorhanden entstammt dieser aus dem Bausatz AF35108. Gebraucht werden hier enthaltene Bauteile für den Turm wie z.B der Turmunterboden. Die gut gemachten Bauteile der Wannenwände, Topdeck, Batterie- u. Getriebeabdeckung und vieles weitere wird nicht gebraucht.
Kommen wir nun zu dem ersten neuen Spritzling.
Spritzling AD
Der Spritzling AD ist einmal vorhanden und wirklich neu in diesem Bausatz. Hier befinden sich die gut recherchierten und einwandfrei dargestellten Bauteile für die deutsche Version. Dazu gehören die vordere Getriebe- und Batterieabdeckung, die Front, Erdsporne, Rohrwiegenabdeckung und Staukästen.
Weiterhin die Bauteile für die korrekte, mehrteilig ausgelegte, Rohrmündungsbremse.
Die Details sind wunderbar anzusehen und überzeugen. Hier und da zeigen sich Formtrennnähte, die aber kein Problem darstellen.
Spritzling AC
Auf dem Spritzling AC befindet sich der markante Rauchabsauger sowie die Rohrzurrung der Kurzrohrversion der M109G. Der Spritzling entstammt dem Bausatz AF35329. Viel mehr wird hier auch nicht gebraucht.
Und dennoch sind die restlichen Bauteile recht schön anzusehen.
Spritzling AE
Ebenfalls neu ist der Spritzling AE. Hier finden wir neben einer Kommandantenkuppel die Halterung für das FlaMG der deutschen Version. Sehr fein gemacht.
Auch enthalten sind die Ersatzkettenglieder der deutschen Kette mit den Halterungen für Turm und Wanne, Werkzeuge sowie Kraftstoff und Wasserkanister.
Als Bonus sind noch Handwaffen in Form von Gewehr G3 und UZI vorhanden, deren Details und Guss prima gemacht sind. Das FlaMG ist sowohl mit und ohne Bodenstück enthalten. Sehr fein!
Hier fertig bemalt:
Spritzling E
Erneut dem Bausatz AF35109 entnommen der Spritzling E. Hier finden sich die passenden Seitenteile und Rückwand für die Wanne. Der Rest: überflüssig.
Spritzling X
Dieser Spritzling, dem Bausatz AF35246 entnommen, kommt nur beim Bau der norwegischen Variante zum Einsatz. Darauf enthalten einwandfreie Bauteile für das Browning MG.
Spritzling P
Auf diesem Spritzling aus dem Bausatz AF35109 sind die filigranen und fein gespritzen Bauteile für die Gepäckkörbe enthalten. Diese sind aus etlichen Einzelteilen zusammenzusetzen.
Das waren die Spritzlinge aus grünem Kunststoff. Weiter geht es mit den klaren Spritzlingen.
Spritzling G (weißer Buchstabe)
Hier ist in der Bauanleitung Vorsicht geboten. Den Buchstaben G aber in schwarz tragen auch die Bauteile der Fotoätzteilplatine. Auf diesem Spritzling, der dem Bausatz AF35109 entstammt sind die Winkelspiegel für den Fahrer und die Scheinwerfer enthalten. Alle Bauteile sind klar und einwandfrei.
Zum nächsten klaren Spritzling…
Spritzling H
Ebenfalls klar, aber diesmal aus dem Bausatz AF35113, sind hier die Winkelspiegel für die Kommandantenkuppel enthalten. Der Rest auch hier nicht relevant.
Turmoberteil
Das Turmoberteil liegt als separates Bauteil in einem Stück bei. Auch hier zeigt sich die Detail-Verliebtheit von AFV-Club. Klasse gemacht!
Rohr
Das L23-Kurzrohr der M109G hat AFV Club als Aluminiumrohr beigelegt. Dazu eine Messinghülse und eine Feder.
Durch den Einbau der Feder kann der Rohrrücklauf simuliert werden. Wohl eher eine Spielerei.
Ketten
Die Ketten liegen in der korrekten deutschen Diehl Variante aus Vinyl bei. Die Details auch hier überzeugend wie Endverbinder, Kettenpolster und Mittelsteg zeigen.
Wer eher auf eine Einzelgliederkette steht, kann diese unter der Bausatznummer AF35307 aus gleichem Hause als Einzelbausatz erstehen.
Referenzen
Mit den Referenzen ist es nicht so ganz einfach. Aufnahmen und Bilder finden sich im Internet kaum. Als Literatur sei die Ausgabe 5026 mit dem Titel Panzerhaubitzen der Bundeswehr M7-M52-M44-M55-M109 aus dem Tankograd Publishing Verlag empfohlen.
Zusammenfassung
Der Bausatz kommt mit reichlich Bauteilen und Spritzlingen daher. Diese entstammen größtenteils bereits vorhandenen Bausätzen. Nach dem Zusammenbau bleiben aufgrund der Mischung der Spritzlinge noch reichlich Bauteile für die Grabbelkiste. Die Details der Bauteile als auch die Anpassungen für die deutsche M109G sind mehr als gelungen. Die Bauanleitung klar und bei den Markierungsvarianten der Decals sollte für jeden etwas dabeisein. Schade das nicht an den Verschluss gedacht wurde. Ein Bausatz der viel Spaß bringen sollte.
Fazit
Als ehemaliger Artillerist, der auch noch auf dieser Haubitze ausgebildet wurde, ein Must Have! Der Bausatz überzeugt durch viele sehr gut gemachte Details und der deutschen Umsetzung. Einziger Fauxpas – der fehlende deutsche Keilverschluss. Ansonsten ein top Bausatz!
Produktinformation
Artikelbezeichnung : M109G 155MM/L23 HOWITZER
Art. Nr. : AF35330 |
---|
Bausatzhistorie
An dieser Stelle meinen herzlichen Dank an AFV Club für die freundliche Bereitstellung des Besprechungsmusters.